Sequenz I: 0:35:36 – c0:36:59 min.
…ja als ich das sah hab ich gedacht da muss was Schlimmes passiert sein. Und ich bin schneller gegangen. Und wie ich an unsere Straßenkreuzung kam, wir hatten das war so ne Kreuzung, ungefähr dort haben wir gewohnt [gestikuliert] und hier an der Kreuzung direkt war ein Kiosk. Und ähm an diesem von diesem Kiosk haben wir täglich bis zu dem Datum täglich unsere Zeitschriften und Zeitungen geholt und der Mann kannte mich. Aber der hatte Zeitungen so übereinander gestapelt [gestikuliert] und das sah aus als ob da Blut rübergelaufen ist oder rote Farbe gestrichen worden ist. Und das waren die Flammen der Synagogen die in der Nacht vom neunten auf zehnten November angezündet wurden. Und eine Riesenmenge davor. Und S-Sie sehen meine Größe Sie wissen wie groß ich bin ich musste mich auf recken und trotzdem konnte ich nicht über die Leute rübersehen. Aber der Verkäufer hat mich erkannt und der kam stellte sich so hin mit den Händen in der Hüfte »na Judje willste auch sehen wie deine Synagogen brannten«, er war Berliner. Und da hab ich gedacht »Synagogen brannten?« Ich wusste von nichts. Weil wir haben geschlafen, bei uns waren keine Männer, unser Haus wurde nicht durchsucht, es war alles okay. Und da bin ich sofort ins Heim […]

Sequenz II: 0:43:49 – 0:45:44 min.
1933 mussten wir das verkaufen. Aber ich war ja weg, ich war ja nicht zu Hause. Und ich kannte die neue Wohnung noch nicht. Und da bin ich da hin. Und mein Vater hatte keine Schlüssel. Das konnt ich überhaupt nicht verstehen. Mein Vater ein selbstständiger Mann. Und er klingelte und meine Mutter öffnete die Tür und hinter ihr stand mein Bruder, hielt sie da am Rock. Und da sagte sie »Abusch, das ist nur die Rachel«, Abusch war sein Ko-Kosename. »Das ist nur die Rachel, du brauchst keine Angst haben.« Denn meinen Bruder hat man nachts um halb zwei mit einem elektrischen Ofen, der auf seinem Nachttisch stand, er hatte nur -n Bett und -n Nachttisch in seinem Zimmer, seine Kleider hatte er bei meiner Mutter, weil es war nur ein halbes Zimmer, -n schmales Zimmer. Und mit diesem Ofen hat man ihn geweckt, »Saujud steh auf« Und er hat -n Schock gehabt und hat seine Sprache verloren und hat seit der Zeit nur gestottert. Und er hatte schreckliche Angst wenn er irgendein Geräusch gehört hat und er hat gesehen wie mein Vater mit einer Ofenklinke, das haben die Leute die kamen mit Axt rein. Und das erste was die gemacht haben mit der Axt die die Klinke von der Ofentür, das war eine ähm eiserne Ofentür -ne eisern geschmiedete Ofentür äh die haben sie abgeschlagen und mit dieser mit dieser Klinke haben sie nach ihm geworfen. Und da hat er hier so -ne Beule bekommen. Und ähm mein Bruder hat das alles gesehen! Wir hatten kein Glas, wir hatten kein Stuhl, wir hatten kein T- es war nichts mehr da! Und als ich das sah, hab ich gedacht ich fahr weg. Hier bleib ich nicht! Mein Vater hat gesagt: »Wo fährst du hin?« »nach Palästina!«

Sequence I: 0:35:36-0:36:59 mins.
[…]when I saw that, I immediately thought something bad must have happened. So I walked faster. And when I reached the intersection, there was an intersection close to where we lived and about here [gesticulates] was a newsstand. We used to buy our newspapers and magazines from this newsstand every day until this day, and the owner knew me. But he had newspapers piled up like this [gesticulates], and it looked like blood had been spilled on them or like they had been painted red. And it was the flames of the burning synagogues that had been set on fire on the night of November 9-10. And there was a huge crowd of people in front of it. You see my height, you know how tall I am, I had to crane my neck and still couldn’t see above people’s heads. The newspaper salesman recognized me and came over, he stood in front of me, hands on hips and said, “Hey, Jew girl, want to see how your synagogues burned, do you? ”, he was from Berlin. I thought, “synagogues burned?” I didn’t know anything. We had been asleep, no men came to our house, our house was not searched, everything was okay. So I immediately went back home[…]

Sequence II: 0:43:49–0:45:44 mins.
We had to sell in 1933. But I was gone, I didn’t live at home at the time. And I didn’t know the new apartment yet. So I went there. My father didn’t have any keys. I couldn’t understand that at all. My father, an independent man. He rang the door bell and my mother opened the door, and behind her was my brother holding onto her skirt. And she said, “Abusch, it’s only Rachel,” Abusch was his nickname. “It’s only Rachel, you don’t need to be afraid.” For one night, at one thirty in the morning, my brother had been woken with an electric heater which stood on his nightstand. He only had a bed and a nightstand in his room, his clothes were in my mother’s room since he had only half a room, a narrow room. He had been woken with this heater, “Saujud [dirty Jew], get up!” He had a shock and lost his speech and only stuttered ever since. He was terrified every time he heard a noise, and he had seen my father [hit] by a stove handle, that was the people who broke in with an axe. The first thing they did with the axe was to chop off the handle of the oven door, it was an iron door, they chopped off the handle and threw it at my father. He got a bruise right here. And my brother saw all that! We didn’t have any glass, we didn’t have a chair, we didn’t have a t [able ]? – everything was gone! When I saw that, I thought, I’m leaving. I’m not staying here! My father said, “Where are you going?” “To Palestine!”